Die Gründer
Doktor Mario Agrati
Geboren in Besana (Mailand) am 6/8/44 als Sohn eines Industriellen (Garelli Motorräder), nach seiner Graduierung in Betriebswirtschaftslehre an der Katholischen Universität von Mailand in sehr jungen Jahren (er war der jüngste Graduierte in Italien), sammelte er seine ersten Erfahrungen bei Agrati Garelli, danach gründete er Fantic Motor.Henry Keppel Hesselink
Geboren in Nizza (Frankreich) am 14. 7. 1935, als Holländischer Staatsbürger. Er ist Fachmann für Elektrotechnik. Als Angestellter von Agrati Garelli wurde er Direktor der Exportabteilung und er spezialisierte sich darauf, neue Märkte im Ausland zu erschließen.Der Firmenname
Fantic kommt nicht von fanatisch oder phantastisch und auch nicht von frantic (wahnsinnig). Fantic ist das Ergebnis eines Brainstorming der beiden oben genannten Gründer (Mario Agrati und Henry Keppel), die einen Namen suchten, der in Italien gut klingt aber auch im englischsprachigen Raum (Nordamerika). Das Wort "fantastic" spielte zwar eine gewisse Rolle, es erschien aber zu lange für einen guten Werbeslogan. Man orientierte sich an der damals sehr populären Marke "Fanta" und fand mit „Fantic“ einen Mittelweg zwischen Verkürzung und Assoziation. Ihr erster Ehrgeiz - und jener von dem Mutterhaus Garelli bestand darin, die USA und Europa mit Unterhaltungsgeräten zu überschwemmen. Fantic erscheint ihnen also als ein sympathischer und ganz exportabler Name.1968
Angetrieben von einer gemeinsamen Leidenschaft für Motorräder und den Handel wird dieses Duett zeigen, dass die Kraft ihrer Vision proportional zu ihrem Erfolgswillen ist. Wir schreiben das Jahr 1968. Am Beginn wurden Mini-Motorräder und Dreiräder erzeugt, die mit dem Motor des Aspera-Rasenmähers oder mit dem Minarelli 50cm³ Block ausgestattet wurden. Mit seinen „Fun-Produkten“ zielt Fantic auf eine Kundschaft die wesentlich mehr Konsumkraft hatte als vermutet, und so übertrafen die Umsätze die ursprünglichen Erwartungen bald um ein Hundertfaches. Während sich das Zeichen mit dem wilden Pferd, das Logo des lombardischen Unternehmens, in den USA gut verkauft, löst es in Italien einen echten Boom im Zweirad Bereich aus. Aber Fantic muss auf die Erwartungen der transalpinen Kundschaft achten. So wird also von einem jungen Techniker, der frisch von der Direktion Giulio Maffessoli eingestellt wurde, eine Art 50ccm Scrambler entwickelt.1969
Vorgestellt wurde dieses Motorrad auf dem Salon von Mailand 1969. Mit seinem gelben Tank, seinem schönen metallgrauen Rahmen, sein Minarelli 4 Gang -Motor, seine hochgestellten Kotschützern, seinem Motocross Auspufftopf und seiner hohen Lenkstange traf dieses Produkt den Nerv des Publikums. Mehr Trail als wahre Enduro bringt dieses Motorrad gute Offroad Tauglichkeit mit. Es wird Caballero getauft. Der Name wurde durch eine holländische Zigarettenmarke inspiriert. Zu einem attraktiven Preis verkauft, wird diese 50er einer ganzen Generation italienischer Jugendlichen erlauben in ihrer Freizeit in die voralpinen Straßen und Wege des Nordens der Halbinsel zu flüchten.
1970-1973
Enduro wird zu dieser Zeit in Italien immer populärer und die Caballero passt genau in den Trend. Das Modell wird weiterentwickelt, und bald wird leicht getunte Rennversion der Öffentlichkeit vorgestellt, und das in einem Land, wo man den Wettkampf quasi im Blut hat. Es ist noch nicht eine echte Wettbewerbsmaschine, aber die Idee von Keppel und von Agrati entwickelt sich bereits: Nicht nur Freizeitgeräte zu produzieren, sondern auch Motorräder die den schwierigsten Wettkampfbedingungen (im vorliegenden Fall dem Enduro) trotzen können. Und nicht nur solche mit 50ccm.1974
1974 verlässt die erste Maschine für den Geländesport Renneinsatz die Fabrik in Barzago, sie wird CR getauft. Es ist eine 125cm3 Maschine, die ausnahmsweise nicht durch den damals allgegenwärtigen Sachs-Motor angetrieben wird, mit dem die große Mehrheit des 125er Enduros ausstattet wurde. Es wurde eine Überarbeitete Version des Minarelli-Block verwendet, der noch einmal von den Hauseigenen Technikern verbessert wurde, um ihn an die Anforderungen der Disziplin anzupassen. Da das Motorrad technisch nicht ausgereizt wurde wie eine KTM oder Monark, erweist sie sich als einfach zu fahrende Sportmaschine, die es auch erlaubt sich damit zu amüsieren.
1975
Im folgenden Jahr bringt Fantic eine 50er Version auf den Markt, quasi als Rennmaschine für die Jugend: Motor Minarelli überarbeitet von Fantic, solider Rahmen gutes Aussehen und ein streng kalkulierter Preis.Dieses Gerät ist wettbewerbsfähiger als die Konkurrenz. Die Überlegenheit gegenüber den Mitbewerbern am Markt ist stärker als bei der größeren Schwester. So verkauft sich die 50er RC sehr gut und wird einen guten Beitrag zum positiven das Renommee der Marke beitragen
1976
Um das neue sportliche Image von Fantic zu pflegen wird es zur Verpflichtung in Wettrennen die Konkurrenzfähigkeit zu beweisen. Die Italienische Meisterschaft, Europameisterschaft und „Sechs Tage Rennen“ sind in der Saison 1976 im Programm des „Fantic Motor Racing Teams“. Fantic erkämpft mit den Piloten (Signorelli und Guanzziroli in der 125er Klasse, Noseda und Brivio in der 50er Klasse) Spitzenplätze. Zwei neue Caballero Modelle auf hohem technischen Niveau erleichtern diese Aufgabe. Motorleistung (sechs Überstromkanäle bei der 125er), Federung (verlängerter Federweg, Gasstoßdämpfer), Rahmen (neues Design) und Verkleidungen (jeder Polyester und Plastik) wurden Überarbeitet. Das waren echte Knaller in der Enduroszene – konkurrenzfähig, attraktiv im Aussehen und im Preis. Die Anstrengungen von Fantic wurden durch einen 3. Platz in der italienischen 125er Meisterschaft durch Signorelli belohnt.1977
Ab 1977 werden Fantic Mopeds und Motorräder von der Firma BLM nach Österreich importiert. Die Produkte von Fantic (vor allem die Caballero) werden zu einem wichtigen Faktor des Aufstieges der Firma BLM. Das Fantic Motor Racing Team tritt mit einem verjüngten Team (die Vetter Angelo und Giuseppe Signorelli plus Zenoni und Gian Paolo Marinoni), aber mit fast identischen Maschinen an. Nur die 50er Caballero wird leicht modifiziert, indem sie einen Behälter aus Plastik und Gasstoßdämpfer erhält. Es ist nämlich so, dass in der Fabrik die Entwickler auf einer anderen Baustelle beschäftigt sind. Dottore Agrati ist immer bestrebt seine Aktivität zu erweitern, um die Produktion zu steigern. Seine letzte Entdeckung: der Trialsport. Zu diesem Zeitpunkt ein ausbaufähiger Markt. Die spanische Industrie verzeichnet gute Verkaufszahlen. Die Zukunft wird beweisen, dass er eine gute Nase gehabt hat. Unter der Mitarbeit der englischen Trial-Legende Don Smith wird eine schöne 125er Trial entwickelt.1978
Im Jahre 1978 kommt die Trial 125 TX 250 auf den Markt. Von diesem Motorrad, das zu dieser Zeit als ästhetisch besonders gelungen gilt, sagt man, sie könnte mit jeder 250er mithalten. In diesem Jahr erscheint die dritte Generation der 125 RC. In Wahrheit ein neues Motorrad. Das Fahrgestell wurde vollkommen erneuert: Marzocchi-Gabel an verändertem Lenkkopfwinkel und mit verlängerten Federwegen, verstärkter Rahmen mit neuem Design. Der Look wird modernisiert, es werden Preston Kotflügel verwendet und Fantic wagt sogar einen roten Sattel...
Die Leistung wird auf 26PS bei 10.500 U/Min gesteigert. Das wird durch die Verwendung eines hartverchromten Zylinders, eines neuen Kolbens und eines 32mm-Vergasers erreicht. Verglichen mit dem Minarelli-Standardblock mit 14PS bei 6800 U/Min ist das eine Steigerung von nicht weniger als zwölf Pferdestärken, die von den Motorherstellern in vier Jahren gewonnen worden sind. Und das, ohne dass man sich dabei Zuverlässigkeitsprobleme einhandelte
1979
Es erscheinen die Trial 50 und die Trial 200. Außergewöhnlicher Erfolg für den Werks-Protyp der die Serie 1979 vorwegnimmt: ein prächtiger Sieg bei den sechs Tagen in Schweden (im Sand!) von Angélo Signorelli. Dazu kommt, dass die zwei offiziellen Werkspiloten in der 125er Klasse, Giuseppe Signorelli und Gian Paolo Marinoni, Zweiter bzw. Dritter in ihrer Klasse wurden. In Barzago reibt man sich die Hände. Fantic gehört von nun an zu den großen europäischen Ställen. Die 125er RC wird in Details verbessert: Nummernplatte wird zurückgesetzt, verbesserter Sattel, roter Rahmen und Magura-Hebel mit schneller Einstellung. Die 50er setzt zur Revolution an. Der Motor wird getunt und das durch einen 26mm-Mikuni Vergaser, Eine neue 32mm-Fantic-Gabel, Verlängertem Federweg am Hinterrad zurückgesetzte Nummernplatten, es ist eine echte Signorelli Replica. Für die Europameisterschaft engagiert man den bisher für SWM fahrenden Pietro Gagni der später "Mik 26" genannt wird. Es ist dieser giftige italienische Kämpfertyp mit seiner Jockeygröße passend für die 50er Klasse, der nach Ablauf einer Saison die erste europäische Krone nach Barzago bringen wird. Giuseppe Signorelli stand bereits im Jahre 1975 mit seiner 50er knapp vor diesem Erfolg, aber ein Motorproblem zerstörte ihm jede Titelhoffnung. Der Umsatz der Marke Fantic, der zu 70% durch Geländefahrzeuge erzeugt wurde, steigert sich um 30% pro Jahr, und die Marke ist von nun an Nummer Drei auf dem italienischen Markt hinter Piaggio und Garelli! Gerade als das Unternehmen dabei ist sich Wohlstand zu erarbeiten, setzt ein Rezessionswind auf dem Enduro-Sektor ein. Der Rückgang in der Nachfrage bei den Jugendlichen im Bereich Enduro spornt Fantic an sich auf die Sparte Trial zu konzentrieren. Zumal man in diesem Bereich nur kränkelnde Konkurrenten hat.
1980
Man verlässt sich im Unternehmen aber noch auf die berühmte Caballero, die sich noch immer zu tausenden Verkauft. 1980 wird eine 75ccm Version eingeführt. Diese ist mit dem 1979er Prototyp fast identisch : Sachs Hydrocross Stoßdämpfer, anderer Hinterkotflügel unter anderem. Eine Internationale Regelung bewirkt das Aus für die 50er Klasse zugunsten einer 80er Klasse. Fantic muss mit der Modellpalette nachziehen. Die 50 RC verschwindet, eine 80 RC kommt. Die 125 ist die Basis für die zwei, im Jahre 1980 vorgestellten, Cross Modelle. Zwei prächtige Maschinen, die ihre Motorarchitektur beibehalten, aber neue Fahrwerksteile erhalten. Verändert wurden: die Geometrie, die Federung und das Aussehen. Auf sportlicher Ebene erweist sich das Jahr 1980 nach dem Kunstgriff von 1979 als weniger erfolgreich: Gagni (50), Angelo Signorelli (75) und Bettoni (100), alle Vize- Meister! Gualtiero Brissoni auf SWM dominiert die 125er Klasse. Ihn zu schlagen ist fast unmöglich: Er wurde soeben die zweite Saison in Folge zur Nummer eins des italienischen Enduro in dieser Kategorie gekrönt. "Wenn wir ihn nicht schlagen können, so müssen wir ihn verpflichten!" sagten Agrati und Keppel einhellig. So schlüpft jener, den man lebenslänglich mit SWM verbunden glaubte, in das rote-blaue Schachbrettmuster-Trikot. Natürlich mit Hilfe großer finanzieller Überzeugungskraft. Die Investition wird sich aber lohnen.Brissou holt sich den europäischen 125er- Titel und verpasst den Sieg bei den sechs Tagen auf der Insel von Elbe um vier Sekunden. Außerdem dominiert Angelo Signorelli die 80er Kategorie - und all das auf seriennahen Motorrädern. Mit den zwei europäische Meistertitel (und zwei italienischen Meistertiteln), in den zwei einzigen Kategorien, wo die Piloten verpflichtet werden, ist Fantic auf dem Gipfel.